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Gesundes Wachstum


Das Wachstum der Nishikigoi


In diesem Artikel geht es um das Wachstum der Nishikigoi, bezogen auf die Natur der Fische und auf die Bedingungen, unter der die japanischen Züchter ihre Fische halten. Gleichzeitig werden wir in diesem Artikel natürlich auch die wichtigsten Faktoren, die das Wachstum der Nishikigoi beleuchten.


Man könnte darüber endlose Seiten und eine wahre Doktorarbeit verfassen. Ich versuche aber in diesem Artikel auf eine einfache und verständliche Art und Weise das Wichtigste darzustellen und dabei stellen wir uns auch die Frage: Ist Wachstum wirklich ALLES?
Und welche Folgen ein extremes Wachstum für unsere Fische haben kann.

Schauen wir uns aber zuerst einmal den Karpfen in der freien Natur an und sein durchschnittliches Wachstum. Er ist ja der Grundvater der Zucht unserer Nishikigoi, jedoch in der heutigen, modernen Zucht kaum noch mit den Zuchtvarianten zu vergleichen. In der freien Natur kämpft der Karpfen täglich um das Überleben. Im Gegensatz zu unseren Teichen hat er mit stetigen Umwelteinflüssen, Nahrungskonkurrenten und Raubfischen zu kämpfen. Durch diese Umstände ist der Naturelle Stress für diese Tiere um ein weites höher als in unseren Teichen. Die Tiere zeigen dadurch ein ganz anderes Wachstum. Tosai, also einjährige Fische sind selten über 20 cm groß. Ein Tier mit 60 cm und mehr hat schon mindestens 5 Jahre auf dem Buckel. Trotz dieser Tatsache gibt es aber auch Karpfen die weit über 80 cm groß sind. Dies liegt allein daran, dass Karpfen ihr ganzes Leben lang wachsen, nur, je älter das Tier, desto geringer das Wachstum und je älter und größer das Tier, desto mehr legt es an Volumen und nicht mehr an Länge zu. Dazu kommt noch, dass mit der Geschlechtsreife der Organismus mehr Energie in die Vermehrung als in das Wachstum steckt.

Um das Wachstum der Karpfen und somit auch der Nishikigoi besser zu verstehen muss man sich aber zuerst einmal den Stoffwechsel, die Nahrungsart und die Verdauung dieser Tiere genauer anschauen.

Wie wir wissen, sind Fische wechselwarme Tiere und somit ist der Stoffwechsel unmittelbar mit der Wassertemperatur verbunden. Vereinfacht bedeutet dies, dass der Stoffwechsel mit höherer Wassertemperatur steigt und mit sinkender Wassertemperatur fällt. Steigt der Stoffwechsel, bedeutet dies mehr Aktivität der Fische und dadurch auch ein höherer Bedarf an Nahrung. Bei Wassertemperaturen von 22 bis 25 Grad Celsius arbeitet der Stoffwechsel der Karpfen auf Hochtouren. Diese Temperaturen sind ideal für die Tiere und sorgen für ein optimales Wachstum, Gesundheitsstatus und Vermehrung. In diesem Temperaturspektrum sind die Tiere am aktivsten und optimal in der Lage aufgenommene Nahrung zu verdauen und umzusetzen. Der Karpfen in der freien Natur ist ein Allesfresser. Er nimmt sowohl pflanzliche wie auch tierische Nahrung auf. Durch das Fehlen eines Magens bekommt er bei der Nahrungsaufnahme kein Sättigungsgefühl und ist dadurch immer auf der Suche nach Nahrung und nimmt diese auch immer auf. Es findet keine Vorverdauung, wie bei Tieren mit Magen statt. Vereinfacht gesagt, spaltet der Karpfen alle wichtigen Nährstoffe der Nahrung im Darmtrakt auf, leitet diese in seinen Organismus und atmet Schadstoffe, die bei der Verdauung entstehen (z.B. Ammonium und Kohlendioxid) über die Kiemen wieder ab.

Was bedeuten nun diese Erkenntnisse für die Karpfen in der freien Natur und im Umkehrschluss für den Koihalter?

Wenn wir von den optimalen Wassertemperaturen für die Karpfen in freier Natur ausgehen, so wird einem schnell klar, dass diese Temperaturen in unseren Gefilden nur in einem geringen Zeitraum von etwa 3 bis 4 Monaten vorherrschen. Also hat im Umkehrschluss der Karpfen in der freien Natur nur maximal 4 Monate Zeit optimal zu Leben und zu wachsen. Dies ist einer der Hauptgründe, warum freilebende Karpfen weit langsamer wachsen als unsere Nishikigoi. Noch dazu kommt der ständige Kampf um die Nahrung mit anderen Fischen und die Gefahr selbst, durch Raubfische zur Nahrung zu werden.

In unseren Teichen sieht das wiederum etwas anders aus. Nishikigoi werden gezielt gehalten. Dies bedeutet, dass der Halter im Normalfall für optimale Lebensbedingungen sorgt. Das Wasser wird durch Filteranlagen und Belüftungssysteme optimal auf die Bedürfnisse der Fische abgestimmt. Futter wird im ausreichenden Maße zur Verfügung gestellt und bei Gesundheitsproblemen wird sofort eingeschritten und eine Heilung von außen unterstützt. Schaut man nun auf die Temperatur in den Teichen, so sind diese Teiche allein schon durch ihre Größe eher in einem optimalen Temperaturbereich zu halten, wie ein freies Gewässer. Viele Koihalter unterstützen sogar mit Heizsystemen den idealen Lebensraum ihrer Tiere.

Warum wachsen nun die Nishikigoi in der Regel weit besser als der Karpfen in der freien Natur?

Diese Frage ist eigentlich recht einfach zu beantworten. Der Züchter macht sich dabei folgende Punkte zu Nutzen. Er sorgt erstmal für optimale Bedingungen, was Wassertemperatur, Futter und Wasserwerte anbelangt. Einfacher gesagt, er sorgt für optimale Haltungsbedingungen. Noch dazu spielt er den Raubfisch. Er selektiert seine Fische ständig. Zu kleine Tiere, deformierte Tiere oder Tiere, die nicht dem Zuchtwunsch entsprechen werden, ständig aussortiert und entsorgt. Somit bleiben nur die Fische übrig, die dem Zuchtziel des Züchters entsprechen und nur diese Tiere werden dann unter optimalen Bedingungen aufgezogen. Bei der Zucht in Japan zählt eine Erfolgsquote von um die 3 % als Mega erfolgreich. Dies bedeutet im Klartext, dass bei einem Gelege von etwa 100.000 geschlüpften Nishikigoi, gerade einmal 3000 Tiere übrigbleiben. Nimmt man nun die Anzahl der Top Tiere, so nimmt diese Zahl noch einmal rapide ab. Sie wird je nach Züchter und der gezüchteten Varietät bei etwa 0,1 % landen. Dies bedeutet eine Anzahl von etwa 100 Top Tosai aus einer Verpaarung Nishikigoi.

Was bedeutet das nun genau für die Nishikigoi in der Zucht?

Der Züchter macht sich die Natur des Karpfens teilweise zu nutze. Er selektiert streng nach seinen Regeln alles aus, was nicht seinen Wunschvorstellungen entspricht, dadurch wird die Futterkonkurrenz klein gehalten. Er sorgt für optimale Haltungsbedingungen, optimale Wassertemperatur und damit einen hohen Stoffwechsel und er sorgt natürlich für eine optimale Futterversorgung. Im Gegensatz zur freien Natur werden diese Bedingungen zum Großteil über Jahre gehalten. Somit erfährt der Nishikigoi keine so genannte Kaltphase, also eine Phase der Ruhe, in der nur wenig gefressen wird und der Stoffwechsel nach unten geht. Die Fische werden immer bei einer Wassertemperatur von über 20 Grad Celsius gehalten und erfahren somit weder Frühjahr noch Herbst und Winter. Durch diese Umstände der selektiven Zucht bei stetiger hoher Stoffwechselleistung wachsen diese Tiere um ein Vielfaches mehr als ihre Urform in der freien Natur.

Hat sich die Zucht in Japan in den letzten Jahren verändert?

Ja das hat sie und zwar sehr extrem. Vor 15 Jahren hatte ein 2 Jahre alter Nishikigoi eine durchschnittliche Größe von etwa 33 bis 38 cm. Top Exemplare dieser Altersstufe auch schon mal 45 bis 50 cm. Doch der Kundenwunsch nach sehr großen Fischen wurde immer größer und dementsprechend reagierte der Züchter. Er verfeinerte die Zucht, indem er große Naturkarpfen einkreuzte. Er änderte die Haltungsbedingungen, indem er die Tiere immer warm hälterte. Er optimierte die Filtertechnik und er änderte auch die Art der Fütterung, was ihm durch immer bessere und genau auf den Nishikigoi abgestimmte Futtermittel möglich war und ist. All diese Umstände sorgten dafür, dass in der heutigen Zeit die durchschnittliche Größe der Fische um mindestens 10 cm gestiegen ist.

Wie verläuft nun die Zucht in Japan nach heutigem Standard?

Es gibt heute drei Arten der Zucht in Japan. Die alte traditionelle Zucht in Japan hält sich noch nahe an die freie Natur. Die Fische werden zwar streng selektiert, über die Wintermonate aber bei wenig Futter und Temperaturen um die 10 bis 15 Grad gehalten. Hier haben wir im Tosai Bereich Tiere um die 20 cm und im Nisai Bereich Tiere um die 35 cm, einige wenige Exemplare auch über 40 cm. Diese Art der Koizucht wird aber nur noch von sehr wenigen und kleinen Farmen vorgenommen. Dies hängt zum Teil auch damit zusammen, dass die wirtschaftliche Lage es den kleinen Farmen nicht erlaubt, sehr viel Geld in die Zucht, besonders in die hohen Energie- und Futterkosten zu investieren.


Die zweite Art der Zucht ändert sich nur im Tosai Bereich. Dabei werden nur die Tosai auch über Winter bei über 20 Grad Celsius gehalten und optimal versorgt. Diese einjährigen Fische wachsen dabei auf über 35 cm heran, manche sogar an die 50 cm. Ab der zweiten Mudpondsaison werden diese Tiere dann wieder nahe an ihrem natürlichen Zyklus gehalten, sprich in der Winterzeit bei Temperaturen weit unter 20 Grad Celsius und sehr wenig Futter gehalten. Dadurch wachsen diese Tiere ab dem zweiten Jahr weniger und haben eine Größe als Nisai von um die 45 bis 55 cm, einige Tiere auch 60 cm und mehr.

Die dritte Art der Aufzucht hat nur ein Ziel, die Tiere ständig auf dem höchsten Stoffwechselniveau und damit auf der höchsten Wachstumsrate zu halten. Hierbei werden die Tiere immer bei Temperaturen von über 20 Grad Celsius gehalten und optimal versorgt. Die Tiere haben keinen natürlichen Stopp mehr und kennen nur noch warmes Wasser. Durch diesen Umstand sind die Züchter in der Lage wahre Riesen in kurzer Zeit zu züchten. Dreijährige Tiere jenseits der 70 cm Marke und Tiere mit über 80 cm nach gerade einmal 4 bis 5 Jahren sind keine Seltenheit mehr. Durch diese Umstände ist der Züchter nun in der Lage den Markt zu befriedigen und dem Kundenwunsch zu entsprechen. In kürzester Zeit erreicht er sein Ziel, dem Kunden große Tiere in großer Stückzahl zu präsentieren.

Doch was bedeutet dies für die Nishikigoi?

Diese Frage ist im Moment nicht einfach zu beantworten und ich möchte Ihnen zwei Meinungen aus Japan schildern, die ich von verschiedenen Züchtern bekommen habe. Die Farmen, die auf absolutes Wachstum in kürzester Zeit setzen sind der Meinung, dass diese Umstände den Nishikigoi gar nichts ausmachen und sie in ihrer Natur auch nicht beeinflussen. Andere Züchter heben aber warnend den Zeigefinger. Sie sagen, dass durch diese Art der Aufzucht viele Fische Probleme bekommen. Ohne einen Wachstumsstopp würden die Tiere auf Dauer leiden. Ihr ganzes Knochengerüst würde sich nicht richtig ausbilden und dadurch würden viele dieser Tiere mit zunehmendem Alter krumm werden. Weibliche Tiere, die in den meisten Fällen ab dem Sansai Alter geschlechtsreif würden, bekämen Probleme mit dem Aufbau und dem Abbau ihrer Eier. Die Tiere altern viel schneller und verlieren weit früher ihre Schönheit. Die Tiere bekommen oftmals Probleme mit den inneren Organen und neigen mehr zu Tumorbildungen. Durch die Art der Power Zucht nimmt die Lebenserwartung der Nishikigoi um mindestens 50 % ab. Zusätzlich verlieren viele Tosai bei der Aufzucht zum absoluten Jumbo Tosai, gerade durch die hohen Wassertemperaturen und das Maximum an Fütterung, ihre Farben.


Nun, die Wahrheit wird irgendwo zwischen diesen beiden Meinungen liegen, jedoch ist es meiner Meinung nach durchaus nachvollziehbar, dass die Lebenserwartung der Tiere abnimmt, je weiter man von der natürlichen Art der Zucht und Aufzucht abweicht und je mehr man an die Leistungsgrenze des Machbaren bei Tieren durch Haltungsbedingungen, Nahrungsversorgung und Selektion geht.

Was bedeutet das nun für den Koihalter im Allgemeinen?

In Japan haben die Nishikigoi eine weit längere natürliche Wachstumsphase in den Mudponds wie in Deutschland. Die klimatischen Bedingungen erlauben den Japanern in ihren Schlammteichen eine Phase von 6 bis 7 Monaten, in denen die Wassertemperatur über 20 Grad Celsius liegt, für ideale Wachstumsbedingungen zu sorgen. Welcher Teich in Deutschland schafft das schon? Will man also ein Wachstum, nahe an den japanischen Verhältnissen, so muss man auch die Wassertemperatur für einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten über 20 Grad Celsius halten und die Tiere optimal versorgen. Das fängt bei den Wasserwerten an, geht über den Gesundheitsstatus weiter und hört bei der optimalen Fütterung auf. Die Japaner haben über Jahrzehnte der Koizucht, jeder für sich, eine eigene Philosophie entwickelt, um das beste Ergebnis bei der Zucht sicher zu stellen. Das fängt in Japan bei der Auswahl der Elterntiere an, geht über die strenge Selektion der Jungfische weiter, gefolgt von der Besatzdichte in den Mudponds für ein optimales Wachstum und hört bei der Art der Futterwahl und der Anzahl der Fütterungen pro Tag auf. Dazu kommt nach noch die Art der Überwinterung in den Gewächshäusern.


Einige Farmen verzichten mittlerweile komplett auf den Naturteich. Sie halten ihre Tiere das ganze Jahr bei gleichbleibenden Bedingungen in den Gewächshäuser. Dies bedeutet, optimale Kontrolle, keine Umwelteinflüsse und konstant hohe Stoffwechselaktivität und somit eine sehr hohe Wachstumsrate.

Sie sollten folgendes bedenken, unsere Fische wachsen bei bestimmten Bedingungen am besten, dennoch ist aber nicht jeder Fisch ist in der Lage die Schallmauer der 80 cm zu knacken. Es ist wie bei uns Menschen. Durch den Genpool wird das Wachstum mitbestimmt und da gibt es kleine, mittlere, große und sehr große Exemplare. Das ist Natur und jedem Individuum schon bei der Geburt vorgegeben und betrifft alle Lebewesen auf unserer Erde.

Schaut man nun auf die Fische in unseren Teichen, so kann man mit optimalen Haltungsbedingungen und einer optimalen Futterversorgung vieles Beeinflussen, die Endgröße aber nicht. Man erreicht sein Ziel vielleicht früher, aber die von der Natur gegebene Endgröße überspringt man nicht und man sollte sich selbst die Frage stellen, um welchen Preis man sein Ziel erreichen will. Es sind mittlerweile weit mehr Tiere vorhanden, die 80 cm und größer werden als vor 10 Jahren, jedoch schaffen dies nur die Besten der Besten. In welchem Zeitraum und zu welchen Bedingungen habe ich Ihnen beschrieben. Nun müssen Sie selbst entscheiden, ob Größe wirklich ALLES ist…….




Ihr
mario unterschrift klein